Zwei wachsame Augen und der schnellste Schutzengel der Welt

20.03.23
  • Pressespiegel

Die Fachzeitschrift „HOB Die Holzbearbeitung“ hat in der aktuellen Ausgabe 2/2023 einen ausführlichen Bericht über die Technik des HAND GUARD Sicherheitsassistenzsystems erstellt.

 

Es sind immer noch viel zu viele: Unfälle mit Kreissägen sind nach wie vor ein großes Thema. In punkto Sicherheit haben inzwischen einige Hersteller Systeme zum Vermeiden von Schäden an Mensch und Maschine entwickelt und auf den Markt gebracht. Die zugrundeliegende Technik und die Funktionsweise variieren dabei erheblich. Altendorf, einer dieser Vorreiter, ging mit seinem optischen und automatischen Sicherungs- und Absenkungssystem ‘Hand Guard’ völlig neue Wege und orientierte sich bei der Entwicklung an den Erfahrungen aus der Gesichtserkennung. Über diesen sicherheitsrelevanten Schutzengel haben wir schon berichtet, diesmal legen wir den Fokus auf den langjährigen Entwicklungsprozess.

Seit der offiziellen Einführung des Hand Guard im April 2022 durfte sich das Schutz-System für Kreissägen zur Zufriedenheit von Schreinern und Möbelbauern, dem Hersteller, aber auch von Krankenkassen und Rettungssanitätern in der Praxis bewähren: denn es stoppt sofort, wenn Gefahr droht. Und läuft unmittelbar danach wieder an, wenn der unversehrte Anwender die unbeschädigte Maschine innerhalb von zehn Sekunden wieder zum Arbeiten bringt. Das klingt einfach und ist es im Prinzip auch – der Prozess von der Idee bis zum serienreifen Produkt war es allerdings nicht. Das Team um Karl Friedrich Schröder, dem Leiter Forschung und Entwicklung des Mindener Unternehmens, hat sich seit 2017, als der Startschuss für das Projekt gefallen ist, intensiv damit beschäftigt, wie ein optimales Schutzsystem für Formatkreissägen aufgebaut sein sollte. Viele Fragen standen im Raum: Welche Technik eignet sich am besten, wie sollte diese funktionieren, welche Bedingungen müssen erfüllt werden, was wird wie verarbeitet …

„Wir haben zunächst eine genaue Analyse der am Markt verfügbaren Sicherheitssysteme durchgeführt und untersucht, warum sie sich bisher nicht durchsetzen konnten. Dann Praxissituatiohaben wir uns in unserem Entwicklungsteam ein Funktionsprinzip ausgedacht und die Technologien, die es derzeit gibt, miteinander verglichen.“ Nach der Auswertung der Ergebnisse fiel die Entscheidung eindeutig zugunsten eines optischen Systems: nur mit einer leistungsstarken und intelligenten Kameratechnik haben sich Gefahrensituationen am besten erkennen lassen – und zwar sicher und rechtzeitig.

Vier Schritte zur Sicherheit

Hand Guard ist ein vorausschauendes System und reagiert rechtzeitig, weil es zuverlässig normale Arbeitsvorgänge von Reflex- oder Abrutschbewegungen unterscheiden kann. Das geschieht in vier Schritten:

  1. Die zur Entschärfung notwendige Zeit zum Erreichen des sicheren Zustandes mit vollständig unter der Tischplatte abgesenktem Sägeblatt ist bekannt.
  2. Während des Arbeitens erfolgt über die Kameras eine Handerkennung, in der die genaue Position und die Bewegung der Hände bestimmt werden.
  3. Danach berechnet das System, wo sich die Hände in der im ersten Schritt ermittelten ‘Entschärfungszeit’ befinden werden.
  4. Daraus folgend wird der Zeitpunkt definiert, an dem das Sägeblatt im Gefahrenfall abgesenkt/abgebremst werden muss.

Alles nur ein Spiel …

… aber nicht, wenn es um die Sicherheit von Menschen geht – das System mit seiner kamerabasierten Früherkennung kommt ursprünglich aus der Spieleindustrie und wurde Anfang der 10er Jahre entwickelt. Heute findet diese Technik z.B. bei der Steuerung von Autoradios mit Gesten Verwendung. Bei der Entwicklung von Hand Guard haben sich die ‘Altendorfer’ stark davon und vor allem von der Gesichtserkennung leiten lassen, einer Funktion, die heutzutage fast jedes Mobiltelefon besitzt und auch für sensible Aufgaben, wie beispielsweise der Identifikation des Nutzers für Bezahlvorgänge, eingesetzt wird.

Ein optisches System hat gegenüber einem kapazitiven einige signifikante Vorteile: es funktioniert so gut wie bei allen Materialien und nicht nur bei trockenem Holz. Durch die gesteuerte Abtauchbewegung werden Maschine, Sägeblatt und Werkstück geschont und die Wiederinbetriebnahme kann innerhalb weniger Sekunden erfolgen. Demgegenüber werden die bisher etablierten Systeme mit mehrfacher Erdbeschleunigung nach unten gestoßen und prallen auf einen Dämpfer. Aufgrund des frühen Erkennens von Gefahrensituationen eignet sich Hand Guard für schnelle Handbewegungen bis zu zwei Metern in der Sekunde und schützt somit auch bei typischen Reflex- und Abrutschbewegungen.

Ein langer, erfolgreicher Weg

Während der Entwicklung der Handerkennungssoftware hat das Mindener Unternehmen eng mit IT-Spezialisten zusammengearbeitet. Außerdem wurde auf die Expertise von externen Sicherheitsfachleuten und die enge Abstimmung mir den Abnahmebehörden Wert gelegt – auch wegen dem anvisierten GS-Prüfzeichen. „Bisher gab es kein vergleichbares KI- und kamerabasiertes Sicherheits-Assistenzsystem bei Formatkreissägen – wir haben einen komplett neuen Ansatz verfolgt, bei dem die Sicherheit stets im Fokus gestanden hat und unser oberstes Ziel gewesen ist“, beschreibt Schröder die Intention der Entwickler. „Um in allen Praxissituationen selbst kleinste Verletzungen zu vermeiden, war das Erkennen von Gefahrensituationen im Vorfeld notwendig. Optische Systeme mit Gesichtserkennung haben sich bewährt, sie werden bereits in vielen sensiblen Bereichen eingesetzt.“

Beim Hand Guard von Altendorf überwachen zwei oberhalb des Sägeblattes angebrachte Kameras den Arbeitsbereich. Diese sammeln kontinuierlich Daten, die ein leistungsstarkes Programm mit einer auf Handdaten trainierten Software erfasst und verarbeitet. Die beiden wachsamen Augen haben die Hände des Bedieners immer im Blick und bestimmen deren Position im Sehfeld exakt – egal, ob sie ihre Arbeit ungefährdet verrichten oder zu Vorführungszwecken absichtlich in Blatt greifen, das aus gefährlicher Routine passiert oder die Finger versehentlich abrutschen. Schröder und sein Team haben das System so ausgelegt, dass  verschiedene, vorab definierte Situationen optisch registriert und eingeordnet werden. Erkennt das System eine Gefährdungssituation, wird das Sägeblatt in maximal einer Viertelsekunde unter der Tischplatte abgesenkt und die Gefahr damit beseitigt.

Die in der Serienmaschine vorhandene Höhenverstellung wurde mit Kugelumlaufspindel und starkem Servomotor ausgestattet, um die für die Schnellabsenkung erforderliche Dynamik sicherzustellen. Dadurch ist sie vom Schwenkwinkel des Sägeblatts unabhängig – und funktioniert folglich auch mit einem geschwenkten Sägeblatt. Beim Auslösen des Schutzmechanismus gewährleistet der Servomotor zudem ein blitzschnelles und kontrolliertes, gleichmäßiges sowie materialschonendes Herunterfahren des Sägeaggregats.

Geprüfte Sicherheit

Als erstes und bisher einziges Sicherheitsassistenzsystem, welches mit Kameras und KI-unterstützter Handerkennung arbeitet, wurde Hand Guard im Mai 2022 von der  Berufsgenossenschaft Holz und Metall zugelassen und hat das GS-Prüfzeichen erhalten. Während der EG-Baumusterprüfung wurde die Zuverlässigkeit der Handerkennung und die  Eignung für Handgeschwindigkeiten bis zu zwei Metern in der Sekunde geprüft. Für den Weltmarkt wurde das System von Altendorf auch UL/CSA zugelassen und erfüllt damit die  in den USA und Kanada geltenden Sicherheitsanforderungen.

Mit oder ohne?

Was passiert, wenn der Bediener keine Fingerabdrücke hinterlassen oder seine Hände schonen möchte und Arbeitshandschuhe trägt? Kein Grund zur Sorge, auch an einen  solchen Fall haben die Konstrukteure gedacht und den Schutzengel mit einem speziellen Handschuh trainiert. In jedem Fall sind die geltenden Sicherheitsanforderungen zum  Tragen von Handschuhen zu beachten. Die eingesetzten Kamerasysteme mit der Software im Hintergrund sind so ausgelegt, dass sie Gefahrensituationen zuverlässig erkennen –  unabhängig davon, ob der Bediener Schutzhandschuhe trägt oder nicht. Dem Entwicklungsteam war von Anfang an klar, dass statt sensorischer Lösungen, die ausschließlich auf  Wärme und menschliche Haut reagieren, nur eine optische Erkennungstechnik in Frage kommt. Offen für alle Werkstoffe Das System bietet Sicherheit für jeden Einsatz und zeigt  sich unempfindlich gegenüber leitfähigen Materialien und Beschichtungen.

Hand Guard bearbeitet so gut wie alle Materialien von feuchtem Holz über NE-Metall bis zu Kunststoff. Der Maschinenbediener wird nicht in seinen Handlungen eingeschränkt. Entwicklungsleiter Schröder weiß, „dass in den über 130 Ländern, in denen unsere Maschinen ihren Dienst tun, in überwältigender Mehrheit ungelernte Kräfte die Säge bedienen. All’ diese Menschen schützt unser System vor Verletzungen. Und die Handwerksbetriebe profitieren wirtschaftlich, indem Mitarbeiter- wie Maschinenausfälle relevant reduziert werden.” Damit auch wirklich jeder Betrieb optimalen Schutz mit der passenden Performance verbinden kann, bietet Altendorf die Hand Guard Edition inzwischen in vier  Modellvarianten mit unterschiedlicher Ausstattung und Leistung an.

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Ansgar von Garrel

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